2 Jahre nach SEWOL

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DIE WAHRHEIT SOLL NICHT UNTERGEHEN
2 Jahre nach dem Unglück der Sewol-Fähre
Film | Diskussion | Konzert

„Um den Schmerz der Eltern über den Verlust der Kinder nachzuvollziehen,
muss man sich mit Korea nicht auskennen,
denn es ist ein zutiefst menschliches und universelles Problem.“
(Jan M. – Bürgerin aus Berlin, Interview hier: http://blog.newstapa.org/bluemango/3217 )

Genau vor zwei Jahren, am 16 April 2014 versank die Passagierfähre Sewol im Gelben Meer vor der Küste Südkoreas. Dabei kamen 304 Passagiere ums Leben, davon waren 246 Oberstufenschüler der Danwon High School, die einen Schulausflug machten. Das Unglück der Sewol setzte eine Zäsur in der südkoreanischen Gesellschaft, da das Vertrauen gegenüber dem Staat nahezu vollständig verloren ging. Die Wahrheit über den Unfall und das Versagen bei der Rettungsaktion sind immer noch nicht aufgeklärt. Die Hinterbliebenen kämpfen um die Aufklärung, auch um die Sicherheit und den Zusammenhalt der Gesellschaft für die Zukunft zu gewährleisten.

Nach unserer erfolgreichen Auftaktveranstaltung „Die Wahrheit soll nicht untergehen – Südkoreas investigativer Journalismus im Aufwind“ wird am 6. Mai nun der Dokumentarfilm »Upside Down« gezeigt. Ein bemerkenswerter Film, der nüchtern, sachlich und dennoch feinfühlig das tragische Ereignis Sewol nachzeichnet. Es ist uns sogar gelungen, eine Mutter und einen Vater, die ihre Kinder beim Unglück von Sewol verloren haben und zwei Angehörige der Opfer vom Schiffsunglück Estonia(1994) zum anschließenden Filmgespräch einzuladen. Ihr zahlreiches Erscheinen wird die Eltern ermutigen, den langwierigen Kampf für die Gerechtigkeit weiterhin auf sich zu nehmen.

Die Veranstaltung wird ins Deutsche und in die Gebärdensprache übersetzt.

Datum: 06. Mai 2016, 19.00 Uhr
Ort: Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 32, 12049 Berlin
Anmeldung: Der Eintritt ist frei. Wir bitten um Anmeldung unter mail@koreaverband.de
zur Vorbereitung für koreanisches Fingerfood und Getränke.
Veranstalter: Sewol Berlin und Korea Verband in Kooperation mit Werkstatt der Kulturen Berlin
Gesponsert von: SOLIDARITY OF KOREAN PEOPLE IN EUROPE und zahlreichen Privatspenden.

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PROGRAMM
19:00 Uhr: Begrüßung durch Jin Hyun KIM (SEWOL BERLIN)
19:05 Uhr: Musikaufführung (Gesang : Jin Hak MOK / Klavier : Eun Sun MUN)
19:20 Uhr: FILMVORFÜHRUNG »Upside Down«
20:15 Uhr: Gesprächsrunde „Wenn der Staat die Wahrheit verschweigt…“ mit dem Publikum und den Familienangehörigen der Opfer von Sewol und Estonia.
moderiert durch Susanne Koelbl (DER SPIEGEL)
21:10 Uhr: Schlusswort durch Yann Prell (Korea Verband)
Begleitprogramm: Fotoausstellung »17 Sekunden« von Hye-Ri Yang
Im Anschluss: Get Together im Foyer mit koreanischem Fingerfood und Getränken

Zwei Jahre danach
Das Unglück der Sewol offenbarte dunkle Seiten eines gesellschaftlichen Systems, das aufgrund des mangelnden Gefühls an Verantwortung leitender Positionen, der Durchsetzung intransparenter Praktiken und der Einstellung profitorientierten Denkens die Funktionstüchtigkeit ineinandergreifender gesellschaftlicher Teilsysteme schwächte. Zu den Opfern des Unglücks gehören auch die Hinterbliebenen, die keinen Frieden finden, solange die Wahrheit über den Unfall nicht aufgedeckt wird. Wenn die Medien durch den Staat gleichgeschaltet werden, braucht die Gesellschaft Journalistinnen und Journalisten, die mit den richtigen Fragen zur richtigen Zeit die Suche nach der Wahrheit vorantreiben, die den Bürgerinnen und Bürgern eines Staates unbekannt ist oder verschwiegen wird.

Der Film Upside Down
Dokumentarfilm / Südkorea 2016 / 65 Min. / mit englischen Untertiteln

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Der Film »Upside Down« rückt das Schiffsunglück der Sewol in den Gesamtkontext eines gesellschaftlichen Systems auf der Kippe, in dem der Wert eines menschlichen Lebens schnell abhanden kommt. »Upside Down« portraitiert die Geschichte von vier Vätern, die ihre Kinder beim Untergang der Sewol verloren haben. Die Dokumentation stellt die Frage nach Veränderungen, welche den zukünftigen Weg der koreanischen Gesellschaft vorgeben könnte. http://www.sewolmovie.com

Der Regisseur, Dong Bin Kim, ist ein koreanischer US-Amerikaner. Vor seinem Debüt als Regisseur engagierte Kim sich für ein soziales Projekt für benachteiligte Jugendliche, was ihn dazu motivierte (ab 2011) Dokumentationsfilme zu drehen. 2012 beteiligte er sich an der Produktion „Education Reform“ im Auftrag des Bildungsministeriums der USA. Er wirkte parallel an dem Film , der von sieben gefallenen Soldaten in Afghanistan handelt als Produzent mit. wurde 2013 mit dem Preis für Recherche der Tiefenpsychologie durch die Society of Professional Journalists ausgezeichnet.

Stimmen zum Film
„[…] »Upside Down« ist ein Statement, welches das Ringen um die Frage anregt, was eine angemessene Entschädigung für den Verlust nicht nach dem Prinzip des Kapitals, sondern des Menschlichen geschehen soll.“ ( So Hui KIM, Cine 21)

„Die Geschichte der vier porträtierten Vätern in »Upside Down« ist in Wirklichkeit auch die von MIR und aber auch von UNS.“ ( Kyung Geun YOO, 4/16 Sewol Families for Truth and A Safer Society )

„Ich verstehe nicht, warum das Unglück der Sewol immer gigantischer wird. […] Das Thema ist hier nicht etwa die Bitte um Vergebung, sondern um das bedingungslose Gewährleisten von Wahrheit. Deshalb richtet sich die Erzählperspektive in »Upside Down« nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft.“ ( Ji Seop KIM, Jury des Publikums für das Cheonbuk Filmfestival, 2015)

Ein spannender Abend mit unseren Gästen

Moderation:
Susanne Koelbl (DER SPIEGEL) begann ihre Karriere im Journalismus, nachdem sie als Autorin für das Magazin „Süddeutsche Zeitung“ zu schreiben begann. Nach ihrer journalistischen Ausbildung in München zog sie 1991 nach Hamburg, um bei DER SPIEGEL zu arbeiten. Sie hat bislang hauptsächlich aus Kriegs- und Krisengebieten, insbesondere dem Kosovo, Korea, Afghanistan, Iran, Saudi Arabien und Syrien berichtet.

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Aus Korea
Kyung hee YOON, Mutter von Shee yeon
Gyoung geun YOO, Vater von Yae eun (Vorsitzendes Kommitteemitglied)
Mitglieder von 4/16 Sewol Families for Truth and A Safer Society

Seung Ryoul PARK ( Vorstand der Coalition 4.16 on the Sewol Ferry Disaster)
Hyun ju PARK ( Koordinator der Coalition 4.16 on the Sewol Ferry Disaster)

Aus Schweden : Lennart Nord und Marie Nord Mitglieder von SEA
Stiftelsen Estoniaoffren och Anhöriga SEA (The Foundation for Estonia Victims and Relatives)

Untergang der Estonia-Fähre

1994 ereignete sich Europas größte Schiffsunglück der Estonia zu Friedenszeiten. Bei dem Untergang des Schiffes Estonia starben 852 Menschen. Die meisten Opfer stammten aus Schweden. Die beiden Ereignisse Sewol und Estonia weisen in vielerlei Hinsicht Ähnlichkeiten auf; darunter die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Unglücks und in der Anfangsphase die Regierung versuchte, die Fakten zu verdecken und die Untersuchungen hinauszuzögern. Die Angehörigen der Estonia-Opfer kämpfen auch heute noch nach 22 Jahren für die Aufklärung des Unglücks, da die Regierung bisweilen keine Rechenschaft abgelegt hat.

Die politische Bedeutung der Sewol in Südkorea

Die Angehörigen der Sewol, die ihre Kinder verloren haben, werden zu Teil in Südkorea kritisiert, dass sie mit der Forderung nach der Wahrheit aufgeben, das Unglück als Unfall akzeptieren und den Verlust vergessen sollen. Sogar wird die kritische Haltung der Angehörigen als störend und „staatsfeindlich“ in den Medien und durch rechte Gruppen diffamiert. Doch die jüngste Niederlage der Regierungspartei bei den Parlamentswahlen am 13.04.2016 wird als Ausdruck der Enttäuschung gesehen. Christian Neidhardt von der Süddeutschen Zeitung spricht von der „Generation Sewol“, die sich das Fehlverhalten der Regierung bei dem Fall Sewol nicht länger gefallen lassen will.
http://www.sueddeutsche.de/politik/suedkorea-generation- sewol-1.2953272

Manipulative Darstellung der Angehörigen der Estonia in der regierungsnahen Presse „Chosun“ in Südkorea – Die Instrumentalisierung der Medien im Interesse der Regierung

Am 30.12.2016 wurde ein Artikel der regierungsnahen Presse „Chosun“ in Südkorea mit dem Titel „Untergang der Estonia nach 20 Jahren – Die Angehörigen [behaupten], nur Geduld und Dialog führen zur Antwort“ veröffentlicht. Im Untertitel hieß es: „Die Angehörigen warteten drei Jahre lange auf den letzten Bericht der Regierung und erst dann wiesen sie auf problematische Stellen hin.“ Die regierungstreue Zeitung versuchte mit dem Artikel die protestierenden Angehörigen unter Druck zu setzen: die Bürgerinnen und Bürger von Schweden – Nordeuropa ist häufig ein Vorbild für Korea – seien geduldig und warten, bis die Regierung sagt, was man zu tun habe, sie seien so rücksichtsvoll und protestierten nicht. Um diesen Druck weiter aufzubauen, legte die Chosun Lennart Nord, einem Vorstandsmitglied der Stiftung, folgende zurecht geschnitzte Worte in den Mund: „[…] falls wir vor der Untersuchung protestiert hätten, hätten soziale Konflikte explodieren können. Die Geduld war notwendig, um die Wahrheit aufzudecken.“ Lennart Nord bestätigte uns in einer E-Mail, dass er sich nicht daran erinnern kann, so etwas gesagt zu haben. Seine Position ist folgendermaßen: „From the beginning, we believed what the government told us and we wanted to keep a good relationship with them. The more time that went after the disaster, we realized that they are trying to hide most of the real truth of the accident.“ In dem Artikel werden an keiner Stelle Zweifel an der Regierung erwähnt.
Der gesamte Ton des Artikels ähnelt der Durchsage der Schiffsmannschaft an die Passagiere, als Sewol unterging: „Bitte bleiben Sie still, wo sie sind, bis wir weitere Durchsagen machen!“ Wäre diese Ansage nicht gewesen, hätten womöglich alle Insassen – insbesondere die Schulkassen – gerettet werden können.

Berichterstattung der Chosun Ilbo im Original auf Koreanisch:
http://news.chosun.com/site/data/html_dir/2014/12/30/2014123000388.html

Die englische Übersetzung des Artikels:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/5288997/estoniaarticleCHOSUN_englishtranslated.pdf

Bitte vergleichen Sie den Artikel mit dem Beitrag von Silke Begalke in der Süddeutschen Zeitung, in dem ebenfalls Lennart Nord interviewt wurde:
http://www.sueddeutsche.de/panorama/untergang-der- estonia-grab- im-meer- 1.2148557

Sehr geehrte Journalist_innen!

Bei dem Untergang der Sewol-Fähre handelt es sich nicht einfach um ein Schiffsunglück. Es zeigt vielmehr die Unfähigkeit und das korrupte Wesen der südkoreanischen Regierung und der nationalen Presse. In dieser wird Kapitalismus über Menschenrechte gestellt und es zeigt, mit welchen grundlegenden Problemen die südkoreanische Gesellschaft konfrontiert ist. Sollten wir den Untergang der Sewol-Fähre einfach hinnehmen, können wir auch in Zukunft keine Fortschritte in Südkorea erwarten. Die südkoreanische Regierung versucht ihr Bestmögliches, um hier Vieles unter den Teppich zu kehren. Deswegen sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Je mehr Menschen vor allem im Ausland darauf aufmerksam gemacht werden, desto schwerer wird es der südkoreanischen Regierung fallen, die lauter werdenden Stimmen zu ignorieren. Bitte helfen Sie uns, vor allem in der internationalen Presse mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wir laden Sie herzlich zu einem unvergesslichen Gespräch mit den Eltern der Sewol und den Angehörigen der Estonia ein!

Pressekonferenz
Datum: 06. Mai 2016, 17Uhr
Ort: Werkstatt der Kulturen / Wissmannstraße 32, 12049 Berlin

Wir bitten um Anmeldung unter mail@koreaverband.de

 

Fotoausstellung »17 Sekunden«von Hye­Ri Yang
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Der Name des gesunkenen Schiffes, »Sewol«, lässt sich aus dem Koreanischen nur schwer übersetzen, trägt jedoch in etwa die Bedeutung »flüchtige Zeit«. Nach eigener Interpretation zum Thema »Zeit« hält die Künstlerin 17 Sekunden Zeit im Augenblick von Menschen fest ­ in Anlehnung an das Durchschnittsalter der Schülerinnen und Schüler. 17 Sekunden Erinnerung. 304 Menschen will sie porträtieren. 189 hat sie bereits fotografiert. Alle Anwesenden sind ein­ geladen, 17 Sekunden ihrer Zeit dem Fotoprojekt Hye­Ri Yangs zu schenken.

Die Veranstalter
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Nach dem Untergang der Sewol-Fähre wurde bei der Gedenkveranstaltung im Mai 2014 die Berliner Bewegung “SEWOL BERLIN” ins Leben gerufen. Seit nun zwei Jahren versammeln sich Künstler, Wissenschaftler und viele andere Menschen aus verschiedenen Bereichen, um zahlreiche und kreative Ideen zusammenzutragen und diese in künstlerische Projekte umzusetzen. Tränen, die alleine fließen verenden mit Schmerz, aber wir Berliner glauben fest daran, dass die gemeinsam geflossenen Tränen die Welt verändern. Der KOREA VERBAND unterstützt und führt seit 25 Jahren Aktionen und Projekte durch, die sich für Menschenrechte und Demokratie in Südkorea einsetzen.

SEWOL BERLIN 베를린행동
facebook.com/Sewolberlin
sewolberlin.wordpress.com
Email: sewol_berlin@googlegroups.com

KOREA VERBAND 코리아협의회
koreaverband.de
Email: mail@koreaverband.de

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https://sewolberlin.wordpress.com/2016/04/28/%EC%84%B8%EC%9B%94%ED%98%B8-%EA%B7%B8%ED%9B%84-2%EB%85%84-%EC%A0%9C2%EB%B6%80-%ED%96%89%EC%82%AC%EC%95%88%EB%82%B4/

Video von unserer letzten Veranstaltung in der Werkstatt Der Kulturen Berlin zu Sewol und dem investigativen Journalismus in Südkorea:

 

 

 

 

4 thoughts on “2 Jahre nach SEWOL

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